Eine Geschichte der Kugelspiele

Die historischen Quellen über Kugelspiele im alten Ägypten bzw. im alten China sind vage. Daß die alten Griechen und Römer ein dem heutigen Boule (französisch) oder Boccia (italienisch) verwandtes Spiel kannten, ist unstrittig, wobei die Griechen mit runden Steinen, die Römer mit eisern beschlagenen Holzkugeln spielten. Bei den Griechen warf man die Kugeln so weit wie möglich, bei den Römern so genau wie möglich. Letztere sind somit Erfinder der Zielkugel, die im französischen `Cochonnet‘, bei uns `Schweinchen‘ oder umgangssprachlich kurz `Sau‘ genannt wird. Der eigentliche Sinn aller seither üblichen Kugelspiele ist, daß zwei Parteien darum wetteifern, wer näher ans Schweinchen kommt bzw. wer präziser spielen kann.
Nach den Einfällen der Barbaren geriet das Spiel in Vergessenheit und tauchte erst im Mittelalter wieder auf. In Frankreich wurden die Kugelspieler damals Bouleurs genannt. Boule fand allmählich einen derartigen Anklang, daß es 1369 von Karl V. verboten wurde. Die Herrscher waren es leid, daß ihre Untertanen dem Boulespiel frönten, anstatt den Umgang mit Pfeil und Bogen zu üben.
Im 16. Jahrhundert wurde Boule von Papst Julius II. gefördert, der den Kirchenstaat zur größten Macht in Italien machen wollte. Er versammelte die besten Spieler im Staat, und seine beeindruckende Steinwerferkompanie war sowohl den Franzosen als auch den Venezianern und Spaniern haushoch überlegen. Durch die französischen Feldzüge in Italien kam das Boulespiel wieder nach Frankreich zurück.
Der berühmte Schriftsteller und Humanist François Rabelais merkte an: „Das Boulespiel ist gut gegen Rheuma und alle möglichen anderen Leiden, es ist für Menschen jeden Alters geeignet, vom Kind bis zum Greis“.
Es wurde immer beliebter, wobei sich allmählich Varianten herausbildeten. In Frankreich beschlug man die Holzkugeln mit Nägeln (Bild ),, in Italien färbte man sie ein.

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1629 wurde das Boulespiel in Frankreich erneut verboten, und zwar auf Betreiben der Hersteller von Paume-Schlägern (den Vorläufern der Tennisschläger), die um ihre Einnahmen fürchteten. Aber das Verbot wurde kaum beachtet.
Abseits der Öffentlichkeit, vor allem in den Klöstern, wurde weiterhin Boule gespielt, nachdem der Pariser Klerus 1697 den Geistlichen in aller Form verboten hatte, öffentlich Kugeln zu werfen! Bereits ein paar Jahre später wurde das Verbot wieder aufgehoben.
1792 starben bei einer Boulepartie in Marseille 38 Menschen! Es handelt sich dabei keineswegs um ein Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen, obwohl durchaus Kanonenkugeln im Spiel waren. Soldaten hatten nämlich in einem Kloster, in dem auch Pulverfässer lagerten, mit Kanonenkugeln Boule gespielt!

Die Geburt des Pétanque

Die früher in der Provence vorherrschende Variante des Kugelspiels ging über Distanzen von 17 bis 21 Metern (sie ist noch heute als `Jeu Provençal‘ bekannt) und ist ein athletischer Sport. Im Juni 1910 konnte in La Ciotat, der östlich von Marseille gelegenen Hafenstadt, der bis dahin sehr erfolgreiche Jules-le-Noir keine Anlaufschritte mehr machen, weil er starkes Rheuma bekommen hatte. Sein Freund Ernest Pitiot konnte das Trauerspiel des wehmütig am Spielfeldrand sitzenden schwarzen Julius nicht mehr mit ansehen und erbarmte sich, eine Variante des Kugelspiels zu erfinden, die auf 6 bis 10 Meter geht und stehend oder hockend aus einem Kreis heraus gespielt wird. Provençalisch wurde es `Ped tanco‘ getauft, was `geschlossene Füße‘ bedeutet. Französich wurde daraus `Pétanque‘. Es ist die historisch jüngste Variante aller Kugelspiele und ursprünglich also ein Behindertensport.
Diese Variante trat wegen ihrer leichten Praktizierbarkeit einen Siegeszug um die ganze Welt an und ist auch in Deutschland die übliche. (Quelle: Au fer Webseite: boule.de

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